Ziele des Graduiertenkollegs

Hauptanliegen des Graduiertenkollegs "Kulturkontakt und Wissenschaftsdiskurs" iwar es, die empirische Erforschung von Phänomenen des Kulturkontakts mit Reflexionen über Entwicklungen in den wissenschaftlichen Diskursen zur Beschreibung und Analyse von Kulturkontakten zu verbinden. Diese Verknüpfung praktischer Forschung und theoretischer Überlegungen sollte einen interdisziplinären Dialog über die wissenschaftshistorischen und wissenschaftstheoretischen Bedingungen unserer Erforschung von Kulturkontakten ermöglichen sowie innovative methodische Ansätze für die Beschreibung von Kulturkontakten disziplinübergreifend entwickeln und vermitteln.

Hintergrund und aktueller Anlass dieser zentralen Forschungsidee bildete ein gegenwärtiger Wandel in der Analyse und Interpretation von Kulturkontakten, der sich in unterschiedlicher Form in den verschiedensten Disziplinen manifestiert. Während ein z.T. vom Strukturalismus geprägtes, jedoch in Wirklichkeit auf archaische Vorstellungen von kultureller Differenz zurückgehendes dualistisches Wissenschaftsparadigma, das von Kulturen im Sinne von binären Oppositionen und unvereinbaren fundamentalen Gegensätzen spricht, in der populärwissenschaftlichen Forschung und im öffentlichen Diskurs weiterhin virulent ist, hat der internationale akademische Diskurs der letzten zwei bis drei Jahrzehnte eine deutliche Hinwendung zu komplexeren und dialogischeren Erklärungsmustern für das Phänomen "Kulturkontakt" vollzogen. Die im Rahmen des Graduiertenkollegs vorgesehenen Dissertationsprojekte sollten diese wichtige Transformation anhand ausgesuchter Beispiele – von der bildlichen Darstellung kultureller Differenz in der Antike und ihrer wissenschaftlichen Rezeption bis zum Stellenwert hybrider Mischformen in der Musik und Musikgeschichte; von der wissenschaftshistorischen Einschätzung kulturellen Zusammenlebens und dessen schriftlicher Kodifizierung im Mittelalter bis zu den sozialen, kulturellen und wissenschaftlichen Folgen globaler Migrationen seit der Frühen Neuzeit – nachzeichnen und die internationale Forschung durch eine transdisziplinäre Koppelung von quellenbezogenem Studium einerseits und der Analyse wissenschaftlicher Diskurse andererseits vorantreiben.