Die Philosophische Fakultät trauert um Dr. Manfred Jatzlauk

Dr. Manfred Jatzlauk (15.10.1949 - 12.01.2022)

Aus dem südlichen Brandenburg stammend, begann seine mehr als ein halbes Jahrhundert umfassende Verbindung mit der Geschichtswissenschaft in Rostock 1970, als er sich in den Fächern Geschichte und Germanistik immatrikulierte. Vier Jahre später – er hatte gerade seinen Abschluss als Diplomlehrer erworben –, begann er seine Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Sektion Geschichte, wobei er sich zunächst mit Agrargeschichte befasste. 1983 promovierte er über die sozioökonomische Struktur der deutschen Landwirtschaft zwischen 1919 und 1939. 1979 nahm er als Mitarbeiter im Direktorat für Internationale Beziehungen der Wilhelm-Pieck-Universität für einige Jahre eine Tätigkeit auf, die bis auf den heutigen Tag am Historischen Institut Früchte trägt. Dass er wie geschaffen für diese Aufgabe war, ist auch daran zu erkennen, dass die damals geknüpften Kontakte, insbesondere die des Instituts mit den Universitäten Riga und Debrecen, bis heute engagiert weitergepflegt werden, bis vor Kurzem auch noch von ihm selbst.

Den Umbruch von 1989/90 verstand Manfred Jatzlauk als Herausforderung und Chance, vor allem aber: er hat ihn mitgestaltet. Denn er wurde aus den Reihen der Sektion Geschichte als Vertreter des Mittelbaus für die Übernahmekommission vorgeschlagen. Dabei handelte es sich um ein Gremium, das über die Weiterbeschäftigung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am in Gründung befindlichen Historischen Institut und den Instituten für Altertumskunde und Musikwissenschaft entschied – eine heikle Aufgabe, denn der Personenkreis der Weiterzubeschäftigenden war gerade im Fach Geschichte klein. Bemerkenswert ist dabei nicht nur das Ausmaß an Vertrauen, das er unter den Kolleginnen und Kollegen genoss, sondern auch, dass er in den folgenden Jahrzehnten sowohl den Kontakt zu vielen ehemaligen Mitstreitern hielt als auch zu neuen Kolleginnen und Kollegen Freundschaften knüpfte. Zur Feier seines Dienstendes im Frühjahr 2015 waren beide Personenkreise in großer Zahl zugegen – Manfred Jatzlauk hatte, wie es ein Freund von ihm ausdrückte, „den Spagat gemeistert“.

In seinen Forschungsinteressen nach dem Ende der DDR von Vorgaben und Zwängen befreit, konnte er sich ganz seinen bevorzugten Themen widmen, das heißt vor allem der preußischen Geschichte und der Person Ottos von Bismarck. In der Lehre spiegelten sich diese Vorlieben ebenso wie sein Interesse an grenzüberschreitenden Kontakten. Zahlreiche Exkursionen nach Friedrichsruh, aber auch ins Ausland, sind Studierenden in bester Erinnerung. Über lange Jahre war er als Studienberater eine wichtige Anlaufstelle für ratsuchende Studierende. Er hatte mit Bedacht stets ihre Interessen und Bedürfnisse im Blick, zumal ihn, der er einen Systembruch gemeistert und Erfahrungen mit der sozialistischen Planwirtschaft gemacht hatte, die wachsende Regelungs- und Kontrolldichte des Bologna-Systems nur mäßig beeindruckte.

Die Universität als Gemeinschaft der Lehrenden und der Lernenden verstand Manfred Jatzlauk auch in einem geselligen Sinn. Er hat vor etwa anderthalb Jahrzehnten einen Historiker-Stammtisch ins Leben gerufen, der Woche für Woche dienstagabends im Heumond einen hierarchiearmen Raum schuf, zu dem alle, vom Erstsemester bis zu den Professorinnen und Professoren, kommen und der trotz pandemiebedingter Unterbrechungen mittlerweile eine Institution ist. Der Stammtisch ebenso wie seine auch nach der Verrentung angebotenen Lehrveranstaltungen ermöglichten es Manfred Jatzlauk auch, in regem Kontakt zum Institut und den an ihm tätigen Menschen zu bleiben; das war ihm sehr wichtig, und damit war er aus Institutssicht nie wirklich im Ruhestand. Alumni wie Kolleginnen und Kollegen, die das Institut schon vor Jahren verlassen haben, berichten noch immer voller Begeisterung von dieser besonderen Art der Zusammenkunft. Nicht minder beliebt waren seine Wanderungen mit Studierenden und Kolleginnen und Kollegen, bevorzugt in die Rostocker Heide.

Die Studierenden wie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Historischen Institut sowie auch der Philosophischen Fakultät sind Herrn Jatzlauk dankbar für seinen jahrzehntelangen Einsatz, für seine Menschlichkeit, für seine Freundschaft; er wird uns sehr fehlen.


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